Frühe Eisenverhüttung auf der Pinkenburg
Besonders erwähnenswert ist die Beobachtung zahlreicher Eisenschlacken und mehrerer Gruben mit solchen Schlacken innerhalb der Siedlung auf der Pinkenburg. Die festgestellten Schlackengruben ähnelten Gegenstücken, die auf einem Fundplatz bei Westerholz im Landkreis Rotenburg/Wümme freigelegt und dort einwandfrei als Reste von Eisenverhüttungsöfen, sog. Rennöfen (Bild 1), erkannt wurden.
Während die Westerholzer Ofenreste dem 3. und 4. Jahrhundert angehören, werden diejenigen auf der Pinkenburg im 1. bis 3. Jahrhundert angelegt worden sein. Nun haben die Untersuchungen an den Schlacken der Pinkenburg ergeben, dass ihre Zusammensetzung auf die Verhüttung von Lengender erzen zurückzuführen ist. Es muss daher angenommen werden, dass hier schon damals Erz aus den rund 16 km entfernt gelegenen Ausbissen bei Lengede verhüttet wurde. Wahrscheinlich hat man seinerzeit auf der Pinkenburg zwar auch Raseneisenerz aus nahegelegenen feuchten Wiesen in den Rennöfen eingesetzt, doch für die zusätzliche Nutzung von Lengeder Erz, das doch erst mühsam herantransportiert werden musste, wird es wichtige Gründe gegeben haben.
Das Hauptmerkmal des Lengeder Erzes ist sein Gehalt an Mangan. Bei der Verhüttung des manganhaltigen Erzes in einfachen Rennöfen, in denen eine Hitze von nicht mehr als 1200 Grad Celsius erzeugt und nur Schlacke zum Rennen, d. h. zum Schmelzen gebracht wurde, gelangte das Mangan in die eisenhaltige Luppe.
Aus dieser Luppe wurde dann nach erneutem erhitzen in einer Feuergrube ein Eisen geschmiedet, das dank seines Mangangehaltes eine Härte erreicht haben muss, die sonst nur kohlenstoffreicher Stahl besitzt.
Da aber die Kohlenstoffanreicherung im einfachen Rennofen nur schwer zu bewerkstelligen war, erzielte man durch Einsatz von Lengeder Erz auf verblüffend unkompliziertem Wege das gleiche Ziel: ein für Messer und andere Geräte brauchbares, hartes Eisen.
Schon vor mehr als 1700 Jahren haben also Eisenhüttenleute bei Stederdorf mit bemerkenswertem Sachverstand dem von ihnen erzeugten Werkstoff Eigenschaften, die für die Güte der aus ihm geschmiedeten Geräte erforderlich waren, zu geben verstanden. Die damals hier gefertigten Waffen, darunter Speer- und Lanzenspitzen (Bild 2) sowie Schilde, von denen Fritz Rehbein 1972 Einzelstücke und Teile bergen konnte, werden daher von besonders guter Qualität gewesen sein.
Diese Einzelheiten aus unseren bisherigen Erkenntnissenüber das handwerkliche Wirken der ehemaligen Bewohner der Siedlung auf der Pinkenburg mag uns diese frühen Vorfahren menschlich etwas näher bringen.
Bild 3 Lebensbild der Eisenhüttenleute von Westerholz, Kr. Rotenburg/Wümme, vor 1800 Jahren. Ähnlich wie auf diesem Bilde wird das Leben und Treiben vor fast 2000 Jahren in der Pinkenburg-Siedlung vor sich gegangen sein. Links vor dem Haus: spinnende Frau und spielende Kinder. Vorn Mitte: Männer beim Bälgetreten zum Betreiben eines zwischen ihnen stehenden Rennofens. Davor Haufen von Holzkohle und Erz. Vorn rechts: Schmied beim Ausschmieden von im Rennofen gewonnener und im Ausheizofen (hinter dem Schmiede) neu erhitzter Luppe. Daneben ein Holzkasten mit wasser zum Abschrecken fertiger Stahlgeräte. Im Mittelgrunde rechts: Männer beim Abdecken einer Meilergrube zur Holzkohlegewinnung.